Hast la victoria siempre

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Mittwoch, 28. Januar 2015

KZ Vergleiche

In allen Medien wurde in den letzten Tagen und Wochen an Auschwitz erinnert. In vielen Artikeln und Opferberichten war die Rede davon, die Opfer des Faschismus seien "wie Vieh" behandelt worden, ein Beispiel - es lassen sich beliebig viele weitere finden:
«Wer das Arbeitstempo nicht halten konnte, wer ein Stück Margarine klaute, nicht rechtzeitig zum Appell erschien oder erkrankte, wurde mit dem Schaufelstiel erschlagen und einfach liegen gelassen wie ein Stück Vieh.» (SPON)
Dieser Vergleich mit "Vieh" ist genauso falsch wie andersherum der Massentierhaltungs-KZ Vergleich (Wikipedia: Tier-Holocaust), der engagierten Tierrechtlern und Tierschützern immer wieder scharfe Kritik eingetragen hat:
«Mit einer Anzeige des Zentralrats der Juden in Deutschland gegen Peta begann ein jahrelanger Rechtsstreit. 2004 verbot das Landgericht Berlin, 2005 das Kammergericht Berlin die Peta-Plakate, weil ihre Aussage gegen die Menschenwürde von Holocaustüberlebenden verstoße.
Das Bundesverfassungsgericht nahm 2009 eine Verfassungsbeschwerde von Peta nicht an, da „ein kategorialer Unterschied zwischen menschlichem, würdebegabtem Leben und den Belangen des Tierschutzes“ bestehe und „die Kampagne des Beschwerdeführers als eine Bagatellisierung und Banalisierung des Schicksals der Holocaustopfer“ darstelle.»
Zwar kann ich die Begründung „kategorialer Unterschied zwischen menschlichem, würdebegabtem Leben und den Belangen des Tierschutzes“ nicht nachvollziehen - die ist speziesistisch und greift zu kurz, aber dennoch gibt es einen bedeutenden Unterschied zwischen der faschistischen Menschenverfolgung, -ausbeutung und -vernichtung und dem Umgang mit "Nutz"-Tieren: Der Holocaust zielte auf die Vernichtung (auch durch Ausbeutung) von Menschen ab, während der Umgang mit "Nutz"-Tieren "nur" auf die maximale und teils gewissenlose Ausbeutung der Tiere abzielt, nicht aber auf deren Vernichtung. "Nutz"-Tiere haben immerhin einen Wert, der genau aber den Opfer des Faschismus abgesprochen wurde.
Wenn man hier schon kramphaft einen Vergleich sucht, wie furchtbar mit den Menschen umgegangen wurde, dann bietet sich eher der Vergleich an, wie Menschen mit vermeintlichem Ungeziefer verfahren, denn auch hier zielt die menschliche Grausamkeit auf Vernichtung mit herzlosen und unerbittlichen Methoden und Verachtung und Hass.
Dieser Vergleich ist aber unerwünscht, denn den haben bereits die Nazis gezogen, als sie Juden mit Ratten verglichen (Wikipedia: Der ewige Jude):
«„Wo Ratten auch auftauchen, tragen sie Vernichtung ins Land, zerstören sie menschliche Güter und Nahrungsmittel. […] Sie sind hinterlistig, feige und grausam und treten meist in großen Scharen auf. Sie stellen unter den Tieren das Element der heimtückischen, unterirdischen Zerstörung dar – nicht anders als die Juden unter den Menschen.“»
Nicht zufällig war Zyklon B ein Schädlingsbekämpfungsmittel.

Die Formulierung "wie Vieh behandelt" ist in meinen Augen doppelt falsch und unzutreffend, denn sie suggeriert, der Umgang mit "Vieh" sei so, wie man eben mit "Vieh" umgeht - dabei ist ein solcher Umgang, wie wir ihn praktizieren im höchsten Masse unethisch. Die Formulierung, die Nazis seien mit ihren Opfern "wie mit Vieh" umgegangen ist das zynische Pendant des "Jedem das Seine" den "Nutz"-Tieren gegenüber (Motto am Eingangstor des KZ Buchenwald (Wikipedia)). Andererseits relativiert die Formulierung den Holocaust genauso wie es andersherum dem Vergleich von Massentierhaltungsanlagen mit KZ bescheinigt wird.

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