Hast la victoria siempre

Hast la victoria siempre

Donnerstag, 27. Februar 2014

Zweckmühle

Seit gestern mittag die Nachricht über alle News-Kanäle lief, das Bundesverfassungsgericht habe die für die Europawahl angesetzte 3% Hürde   (der Postillon zu diesem Thema:Bundestag plant neue 2,99999999999999-Prozent-Hürde bei Europawahl) als verfassungswidrig erkannt, stehe ich vor einem wirklich heftigen Problem: Was soll ich im Mai bei der Europawahl wählen?
Solange wir als Linke keine wirkliche Massenbewegung sind, die ausserparlamentarisch die Gesellschaft verändern könnte, halte ich das Wählen - bei allen Unzulänglichkeiten der Parteien-Demokratur in Deutschland - für sinnvoll. Nichtwählen - auch wenn vielleicht moralisch gesehen die sauberste Entscheidung - hilft nur dem Regime. Alleine an den Anfragen, die die Linke immer wieder an die Bundesregierigung stellt und an den Themen, die die Linke immer wieder aufwirft, kann man erkennen, dass selbst eine gemässigte, reformistische linke Partei unser Streben nach einer besseren Gesellschaft voranbringen kann. Vieles ist mir an 'die Linke' suspekt, sie ist mir mit Sicherheit nicht antikapitalistisch genug, aber immerhin ist die Partei eine feste Grösse im deutschen Politikunwesen geworden und hat dadurch schon manchen wertvollen Beitrag zur gesellschaftlichen Diskussion, zum Diskurs über die Wirtschaft und Geselllschaft, leisten könnnen. Auch wenn die Mainstream-Medien nach Kräften versuchen, 'die Linke' systematisch in der Berichterstattung schlecht zu machen oder nicht zu erwähnen (telepolis: Die Linke: Die unsichtbare Oppositionsführerin, Wirtschaft und Gesellschaft: Medien/Medienbeobachtung/Parteien/Bundestagswahl), so ist 'die Linke' derzeit die einzig nennenswerte Opposition in Deutschland ... erschreckend.
Auch wenn 'die Linke' von den etablierten Parteien programmatisch in Sachen Tierschutz (von Tierrechten brauchen wir mit Blick auf das deutsche Parlaberment gar nicht erst zu reden) einen der progressivsten Standpunkte einnimmt (ungefähr gleichauf mit den Grünen), so gibt es gerade bei diesem - mir sooooo wichtigen Thema - vieles an 'die Linke', was mich wirklich von ganzem Herzen ärgert und wofür ich denen mit Sicherheit nicht meine Stimme geben möchte: Da wo 'die Linke' in den Landesregierigungen im Osten mitentscheidet, stellte sie sich in der Vergangenheit nicht oder nicht konsequent gegen den Bau riesiger Mastanlagen und Schlachthöfe. Generell haben grosse Teile der linken Bewegungen ein nicht sehr ausgeprägtes Verhältnis zu Tierschutz und Tierrechten. Da muss noch Einiges an Bewusstsein entstehen, da geht mehr und da fehlt vielfach die Einsicht, dass es eine freie Menschheit nicht ohne die Befreiung der nichtmenschlichen Tiere geben kann, dass wir eine bessere Gesellschaft nicht mit dem Schlachthof im Keller, über der Hölle der Tiere aufbauen können (Das Mensch-Tier-Verhältnis in der kritischen Theorie Adornos und Horkheimers , Die Frankfurter Schule: Solidarität mit den quälbaren Körpern).
Nun, wo die undemokratische 3% Hürde gefallen ist, besteht also auch die Möglichkeit, seine Stimme nicht unter 'Sonstige' zu verschenken. Da wäre dann also die Tierschutzpartei ebenfalls wählbar. Nur weiss ich leider zu wenig über diese Partei. Wenn ich da sehe, dass Barbara Rütting als Unterstützerin hervorgehoben wird, dann bin ich doch etwas befremdet (rageandreason: Colin Goldner über B. Rütting). Das wäre nicht unbedingt jemand, mit der ich mich als Partei schmücken würde. Überhaupt das Problem bei 'single issue' Gruppierungen und Kampagnen: Um das so überaus wichtige Ziel zu erreichen, lässt man sich auf alle möglichen schrägen Gestalten als Bündnispartner ein, das vielleicht auch manchmal deutlich zu kritiklos.... (tierbefreiung: Ein paar erklärende Bemerkungen zur Tierschutzpartei).
Das Programm der Tierschutzpartei liest sich schonmal gar nicht so schlecht, obwohl es auch in vielen Punkten nicht wirklich weit genug geht. Streiten kann man sich bspw. über
«In diesem Zusammenhang sehen wir die im weitesten Sinn vegetarische Lebensweise (Ergänzung der Pflanzenkost durch Milchprodukte und ggf. Eier) als einen Schritt in die richtige Richtung an. Der schrittweise Verzicht auf das Fleisch der Tiere hat bereits eine Abnahme der Tierzahl zur Folge – eine wichtige Voraussetzung für den notwendigen Strukturwandel in der Landwirtschaft.»
Auf der einen Seite muss natürlich jede Reise mit den ersten Schritten begonnen werden, aber ich halte es für sehr gefährlich, den Ovo-Lacto-Vegetarismus zu befürworten, denn der basiert genauso auf Tierausbeutung und ist im grossen Massstab ohne die Tiertötungsindustrie  gar nicht möglich (-> Happy Exploitation). Auch hoch problematisch ist die naive Alternative, die die Tierschutzpartei für eine Medizin ohne Tierversuche anbietet:
«Die einseitig naturwissenschaftlich ausgerichteten Grundlagen der gegenwärtigen Medizin müssen durch ein ganzheitliches Konzept ergänzt werden, das den Menschen als Einheit von Körper, Geist und Seele betrachtet (Spezialistentum nur in Verbindung mit Ganzheitsmedizin).In einer ethisch ausgerichteten Medizin haben Tierversuche keinen Platz. Alternative Behandlungsmethoden, z.B. Homöopathie, Phytotherapie, Akupunktur, unterstützen eine ursächliche Heilung und dienen nicht einer bloßen Symptombekämpfung. An den Universitäten sind in größerem Umfang als bisher entsprechende Lehrstühle einzurichten. Um den angehenden Arzt umfassend auf seine künftigen Aufgaben vorzubereiten, sind Psychotherapie wie auch Sozialmedizin stärker als bisher, vor allem aber die Ernährungslehre und Gesundheitsvorsorge verbindlich in den Studienkatalog aufzunehmen. Abiturzeugnis und Medizinertest dürfen nicht weiterhin allein die Zuteilung eines Studienplatzes bestimmen. Voraussetzung für die Zulassung zum Medizinstudium soll auch eine entsprechende ethische und moralische Einstellung sein.»
Im Ernst mit Homöpathie-Quacksalberei  gegen die kapitalistische Pharmaindustrie und eine lebensverachtende High-Tech-Medizin anstinken zu wollen, greift deutlich zu kurz. So kommen wir nicht zusammen. Nichtsdestodennochundtrotzdem werde ich mir das Programm noch mal gaaaaaaaaaaaanz genau durchlesen und dann tiiiiiiiiiiiiieeeeeeeeeeef in mich gehen, ob ich es richtig finden kann, meine Stimme der zarten Pflanze Tierschutzpartei zu geben, eben gerade weil dieses wichtige Thema in der Linken immer zu kurz kommt, oder ob es letztlich doch besser ist, dafür zu sorgen eine möglichst starke linke Opposition ins Europa-Parlament zu wählen, damit der europäische Imperialismus wenigstens ein klein wenig Sand ins Getriebe bekommt.... Schawwierich!



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen